Mit dem Wohnmobil nach Portugal

Wenn der erste Frost nach Deutschland kommt, muss man entweder am Wohnmobil alles Wasser ablassen und die Kiste winterfest machen.

Oder aber man packt seine Siebensachen und beginnt die Fahrt ins Warme.

Ich habe mich für letzteres entschieden, und pünktlich mit der ersten Schneeflocke startete ich darum in Richtung Portugal.

Frost im Rückspiegel

Meine erste große Tour mit dem neuen Bus begann, und ich hatte keine Lust mich lange auf der Strecke aufzuhalten.

Also gab ich Gas und düste los.

Von Konstanz aus ging es über die Grenze und hinein in den Girsbergtunnel, der mit etwa 5% Steigung vom Bodensee ins schweizerische Thurgau führt.

Girsbergtunnel Steigung

Habe ich eben geschrieben, dass ich Gas gab? Genau genommen gab ich sogar Vollgas – aber es passierte trotzdem fast nichts.

Mich erreichte also schon gleich nach der Abfahrt der erste Hinweis darauf, dass der MB410D eine andere Fahrweise haben würde, als kürzlich noch mein Sprinter 313, mit dem ich noch im Frühjahr nach Portugal gefahren war.

Dinosaurier reisen langsam, und aus der Schulzeit wissen wir, dass sie nicht die besten darin sind, der Eiszeit zu entkommen.

Als ich am nächsten Morgen an der Raststätte bei Genf in meinem Bus erwachte und aus den Fenster schaute, war alles weiß. Mist!

Oder warte – ich musste ja zuerst noch die weiße Jalousie öffnen.

Zack, das Rollo schnallte hoch, und draußen waren die Wiesen grün, der Himmel blau und die Straße grau. Uff!

Also ging es weiter nach Frankreich. Vielleicht schaffte ich es ja am Abend bis nach Spanien?

Während ich beim Kauf von Dinovan noch eine gültige LKW-Vignette für die Schweiz mitbekam, musste ich in Frankreich mehr Geld in die Autobahn einwerfen als in meinen eigenen Tank.

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Meine einfache Fahrt durch Frankreich kostete mich übrigens 136,30 Euro Mautgebühren. Wohlgemerkt an einem Tag.

Nicht schlecht, wenn man vergleicht, wie viel ein Franzose bezahlen muss, um einmal quer durch Deutschland zu fahren. Nämlich nix.

Aber dafür müssen wir ja zuhause auch KFZ-Steuern bezahlen, die es in Frankreich nicht gibt. Das macht die Geschichte natürlich besser und lässt ahnen, warum die EU gegen deutsche Maut-Pläne klagt mit dem Argument, sie würden EU-Bürger ungleich behandeln. Oder etwa nicht?

Ich merke schon, ich schweife ab. Doch das hat damit zu tun, dass auch in Frankreich…

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…viel Zeit zum Nachdenken bleibt, wenn es bergauf geht. Da düsen die LKWs schon mal an einem vorbei, und während man sie in der Ferne kleiner werden sieht, kann man sich in Ruhe überlegen, ob das Plural-S an ihrem Ende korrekt ist oder nicht. Ein Lastkraftwagen, zwei Lastkraftwagens, drei Lastkraftwagens… oder?

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Während die Sonne langsam unterging (weil Erdrotation minus Reisegeschwindgkeit nach Westen), kam ich auch schon über die Grenze nach Spanien, und mein Traumfänger nahm mir das Träumen ab, während ich versuchte statt meiner Träume die Trucker-Romantik der Autobahn mit der Kamera einzufangen.

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Die Nacht habe ich schließlich erneut auf einer unromantischen Raststätte verbracht, und meine ultraschicke Röhren-Rückfahrkamera vervollständigte das Gefühl von Mercedes-Museum, das sich mir hier durch die Windschutzscheibe bot.

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Ein Hotel mit drei alten Sternen!

Beim Tanken am nächste Morgen habe ich schnell noch ein Gruppenbild mit den richtig großen Jungs gemacht.

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Jetzt waren es nur noch 1.200 Kilometer von Barcelona bis Sagres in Portugal. Ein Katzensprung.

Blöd nur, dass ich einen Dino fahre und keine Katze. Der muss da schon ein paar Mal springen.

Die Taktik auf der Straße ist eigentlich immer die gleiche: man suche sich einen hohen LKW mit großem Windschatten. Vollgas, bis man da drin ist. Dann langsam vom Gas runter und die Stelle finden, bei der einen die Heckwelle des Vordermanns leckt.

Verfeinern kann man das noch mit einem Gefühl für den Seitenwind. Ein wenig nach Luv versetzt fährt es sich dann am ergonomischsten. Hier zahlt sich die Kombination aus Rennrad und Segelschein endlich mal aus.

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Während man so nah am Vordermann klebt, kann man im Zweifelsfall eh nicht mehr rechtzeitig bremsen. Also kann man auch gleich immer schön nach hinten schauen, ob sich von dort ein noch schnellerer Brummi nähert und zum Überholmanöver ansetzt.

In diesem Fall heißt es, sich ein wenig zurückfallen zu lassen, und im Moment seines Ausscherens wieder Vollgas zu geben. Idealerweise nutzt man dann den Windschatten des Vordermanns so aus, dass man in diesem weitaus schneller wird als er selbst, um dann kurz vor dem Aufprall eine Spur nach links zu wechseln, wo man bereits in der Überholgeschwindigkeit des schnelleren Brummis nahtlos in dessen Windschatten wechselt – den man ohne dieses Autobahnjudo nämlich niemals aus eigener Kraft erreicht hätte.

Dieses Spiel lässt sich so lange fortsetzten, wie schnellere LKW (ohne s!) an einem vorbeiziehen – bis dann irgendwann wieder so eine verfluchte Steigung kommt und erneut die Spreu vom Weizen trennt.

Gehe zurück auf Los!

Um meine Schmach zu kaschieren, habe ich flugs den Blinker gesetzt und so getan, als hätte ich eh abfahren wollen. Immerhin war da links von der Straße das Mittelmeer zu sehen, und da musste ich natürlich einmal reinspringen.

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Kaum war ich aus dem Wasser draußen, wurde auch schon alles gut.

Zuerst wurde die spanische Autobahn (von Valencia über Sevilla nach bis Portugal) mautfrei. Ich hatte nur schlappe 45,75 Euro in Spanien gelassen.

Und dann wurde auch schon der Kaffee besser. Ihr kennt das, diese Kaffeeautomatenbattalione auf den französischen Autobahnraststätten? Da stehen 10 mannshohe Automaten nebeneinander, und das wird dann auch noch „Café“ genannt. Vermutlich wollen sie uns nicht nur per Maut schröpfen, sondern dann auch noch mit diesem Zeug vergiften, die Franzmänner.

Da lobe ich mir Spanien. Denn je näher man Portugal kommt, desto trinkbarer wird die Brühe. Und der Cortado wird schon in Spanien genießbar.

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Als Kaffeetrinker finde ich ja eh, dass man eine Brücke über Frankreich bauen könnte, um so Italien mit Spanien zu verbinden. Dafür würde ich sogar gerne Maut bezahlen.

Aber lassen wir das Schwarzweiß-Denken. Das farblose Frankreich lag ja jetzt schon hinter mir, und ich malte mir Portugal bereits in den kräftigsten Farben aus.

Ungefähr so wie auf diesem Bild.

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Doch zuvor galt es noch eine letzte Nacht mit den Truckern zu verbringen.

Irgendwo bei Córdoba schlug ich an einer besonders schönen Stelle mein romantisches Lager auf.

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Und am nächsten Morgen gönnte ich mir das beste Trucker-Frühstück, das die Tanke zu bieten hatte.

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Derart gestärkt machte ich mich an die letzte Etappe meiner (Hin-) Reise.

Das Wildlife in Spanien wird ja in der Nähe der Autobahnen von diesen riesigen Stieren bestimmt. Osborne heißen die, und sie sollten ursprünglich mal für einen Brandy Werbung machen. Doch unterdessen sind sie das Wahrzeichen des Landes geworden, und mir war klar, dass ich irgendwann mal mit einem posen musste.

Kaum schaute mir der erste ins Fenster, fuhr ich von der Autobahn ab und jagte meinen SUV ins Gelände zu ihm.

SUV? Klar, denn mein Bus hat Vierrad-Antrieb. Irgendeinen Vorteil müssen die blöden Zwillingsreifen ja haben.

Was ich hier sah, war wie in den afrikanischen Wildparks, nur größer!

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Sagte ich größer?

Ich meinte natürlich sehr sehr viel größer.

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Was macht Mann eigentlich, wenn man mit so einem Protz konfrontiert wird?

Ei-ei-ei, dachte ich, und nutzte meinen Selbstauslöser für ein weiteres Foto an der Testosterontankstelle.

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Mit so viel Kraft war der Rest der Strecke ein Kinderspiel. Plötzlich kratzte Dinovan selbst ohne Windschatten knapp an der heiligen Dreistelligkeit meines Tachometers.

Zuhause wohne ich ja in der Fußgängerzone von Konstanz, und dort nerven mich jeden Tag die Straßenmusiker unter meinem Arbeitszimmer.

Wie groß war mein Schreck, als ich solche auch entlang der spanischen Autobahn entdeckte.

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Von meinem letzten Erlebnis noch ganz bullish, wollte ich mir den Kerl natürlich sofort vorknöpfen. Ich fuhr also wieder ab, wühlte meinen Van zu ihm durchs Gelände…

…doch je näher ich ihm kam, desto geringer wurde mein Interesse den Kampf gegen ihn aufzunehmen.

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Stattdessen machten wir ein schnelles Selfie, und ich verschwand weiter in Richtung Portugal.

Das viele Testosteron im Tank wirkte noch immer, und dieses Mal konnte ich sogar ein Beweisfoto schießen vom Rausch der Geschwindigkeit.

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Die hier dokumentierten 101 km/h im Tacho sind ganz klar dreistellig, daran gibt es nichts zu rütteln.

Doch um euch nicht nur kalte Fakten zu präsentieren, sondern euch auch an den heißen Gefühlen des schnellen Ritts teilhaben zu lassen, habe ich auch noch versucht das Hochgeschwindigkeitsrütteln selbst zu dokumentieren.

Hier also der Geschwindigkeitsrausch in meinem Hippie-Van.

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Derart machte ich es also am dritten Tag meiner Reise bis nach Portugal.

Auf Facebook hatte ich bereits einige andere Van-People ausgemacht, die gerade an der Algarve campen.

Doch keiner von denen war spontan genug für ein Bier an meinem ersten Abend.

Darum rauschte ich durch bis nach Sagres, meinem portugiesischen Lieblingsort. Denn hier gibt es das Café Espresso, wo nicht nur der Kaffee den Surfern schmeckt, sondern auch das Surfen mit ein paar M/bit Up- und Download ein vernünftiges Arbeiten zulässt.

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Immerhin haben sich während meiner Fahrt knapp 12 GB in meinem Posteingang angesammelt, und die konnte ich unmöglich per Roaming abarbeiten (und ja, die Idee von Webmail kam mir leider erst später).

Der Dinovan heißt ja nicht ohne Grund so, schließlich verdiene ich durch meine Arbeit unterwegs mein Geld. Doch darüber schreibe ich euch ein anderes Mal.

Ich war einfach nur froh nach 3 Tagen und 2 Stunden Reisezeit endlich in Sagres angekommen zu sein, und ich war auch froh darüber diesen perfekten Platz mitten im Ort oben auf der Klippe gefunden zu haben für mein Nachtlager, von dem ich am folgenden Morgen dieses schöne Foto schießen konnte.

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Die Ähnlichkeit von abgebildeten Wohnmobilen mit solchen, deren Abbildung in diesem Foto abgebildet ist, ist übrigens rein zufällig und in Portugal während der Nebensaison von keinerlei Bedeutung.

Ach, und noch was:

Gefallen dir meine Beiträge? Dann hinterlasse mir doch einen Kommentar. Ich freue mich über Feedback von dir gleich hier unten auf der Seite.

7 Comments

  • Hallo Peter, schön, dass du uns, die HYMER-S-Freunde INTERNATIONAL Facebook Gruppe gefunden hast. In unsewrer Gruppe sind nicht nur HYMER S Eigner vertreten, auch Reisemobiler anderer Modelle sind bei uns. Würde mich freuen, wenn du einige Bilder von deinem WoMO einstellen würdest.
    Modell; Erstzulassung; Km. Stand usw.
    Einen lieben Gruß, und eine schöne Zeit in Portugal.

  • Bella sagt:

    ..kleiner tip unter uns: frankreich ist gar nicht so womo-unfreundlich. Camper drücken an der mautstation den i-knopf und werden auf den hinweis „camping-car“ auf class 2 runtergestuft 😉

    bestimmt sieht man sich in der algarve mal. dann gibts beim bier gern mehr tips.

  • Mick sagt:

    hi, nett geschrieben, mit leicht ironischem Humor. Unterhaltsam aber auch informativ. Ich werde ähnliches ab nächsten Winter machen und sammel diese Berichte. Danke und weiter so. Mick Berlin

  • Samuel sagt:

    Hi Peter, lustiger Schreibstil 😀

    wie ist das denn im Spätsommer und Herbst? (Hauptsaison)

    Grüße, Samuel

  • Samuel sagt:

    Hi Peter, lustiger Schreibstil 😀

    wie ist das denn im Spätsommer und Herbst mit den Verbotsschildern und dren Bedeutung?

    Grüße, Samuel

    • Peter Eich sagt:

      Lieber Samuel, ich war damals zuletzt (mit dem Wohnmobil) in Portugal und weiß nur, dass es mittlerweile so voll geworden ist, dass Verbote auch kontrolliert und sanktioniert werden.

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